Mental Health – (mehr) Selbstfürsorge am Arbeitsplatz

Die Krankenkassen – und nicht nur die – schlagen Alarm: So gab es laut DAK-Gesundheit von Juli bis September 2023 für ein Sommerquartal ungewöhnlich viele krankheitsbedingte Arbeitsausfälle in Deutschland. Der Krankenstand lag demnach mit 5,0 Prozent über dem schon sehr hohen Niveau des Vorjahresquartals mit 4,7 Prozent. Im Durchschnitt hatte jeder Beschäftigte fast fünf Fehltage. Doch was genau sind die Gründe dafür? Und wie lässt sich das verhindern? Vereinfachte Antwort: Indem jede und jeder mehr auf die Gesundheit achtet.
Ein erschöpfter Mann auf einer Baustelle. Er hat seinen Helm abgenommen und fasst sich mit seiner behandschuhten Hand an die Stirn
© DAK-Gesundheit / iStock Photos, Wiley Verlag

15. Dezember 2023

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Verantwortlich für den weiterhin sehr hohen Krankenstand war vor allem ein erneuter Anstieg bei den psychischen Erkrankungen. Laut Fehlzeitenanalyse der DAK-Gesundheit gab es mit 24,3 Prozent rund ein Viertel mehr Fehltage wegen Depressionen oder Angststörungen als im Vorjahresquartal. Der Arbeitsausfall ging von 70 auf 87 Fehltage je 100 Beschäftigte – ein dramatischer Anstieg, der jedoch durch den Ausfall aufgrund von Muskel- und Skelett-Erkrankungen noch „getoppt“ wird: Hier gab es mit 101 Fehltagen je 100 Beschäftigte (ein Anstieg von 25,2 Prozent) insgesamt den größten Arbeitsausfall. Bei vielen Krankschreibungen in dieser Erkrankungsgruppe gehen Fachleute jedoch davon aus, dass sie zu einem gewissen Grad auch mit psychischem Druck in Verbindung stehen. Denn die vielfältigen Belastungen und die seelische Anspannung der Menschen machen sich auch bei den Rückenproblemen bemerkbar. 

Der stark erhöhte Krankenstand trifft Deutschland in Zeiten eines steigenden Personalmangels und ist eng mit diesem verknüpft. Daher warnt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit, vor einem Teufelskreis: „Die Nachwirkungen der Pandemie, die Unsicherheit in Deutschland durch die vielen Krisen in der Welt: Das alles belastet die Psyche der Menschen zunehmend. Dazu kommt, dass viele Branchen durch Personalmangel unter besonderem Druck stehen. Die Themen Gesundheit und psychisches Wohlbefinden der Beschäftigten müssen ganz oben auf die Agenda der Unternehmen.“ Firmen und Betriebe in Deutschland sollten auch in ihrem eigenen Interesse verstärkt auf den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter achten und Ressourcen ins Betriebliche Gesundheitsmanagement investieren. So könne der Teufelskreis durchbrochen werden, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und gleichzeitig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu sichern, so Storm, der zudem einen runden Tisch unter dem Motto „Kräfte bündeln – Belegschaften fördern – Unternehmen stärken“ mit Beteiligung von Politik, Sozialpartnern und Krankenkassen fordert. 

www.dak.de 

Eine Frau vor einem Laptop, die sich die Augen reibt. Sie scheint, ihre Augen entlasten zu müssen. In farbigen Punkten sind Infos zu psychischen Erkrankungen eingeklinkt
Für die Fehlzeitenanalyse zum 3. Quartal 2023 hat die DAK-Gesundheit die Daten von 2,35 Millionen DAK-versicherten Beschäftigten durch das Berliner IGES Institut auswerten lassen. Mehr zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement der DAK-Gesundheit unter: www.dak.de/bgm © DAK

Da die Auswirkungen von Stress und übermäßiger Druck sowie von ungelösten Konflikten und weiteren seelischen Belastungen auf das emotionale und psychische Wohlbefinden von Mitarbeitern und somit auch auf die Produktivität immer deutlicher werden, ist also die Wahrung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz von entscheidender Bedeutung. Denn ohne Frage ist sie genauso wichtig wie die körperliche Gesundheit. Dies zu erkennen, scheint jedoch noch nicht allzu weit verbreitet. Und der Begriff „Mental Health“, der in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht, ist noch nicht in aller Munde. Dabei können Unternehmen, die die mentalen Gesundheitsbedürfnisse ihrer Mitarbeiter ernstnehmen, nicht nur eine bessere Arbeitsumgebung schaffen, sondern auch die Produktivität und Zufriedenheit ihrer Belegschaft steigern. Hier nun ein paar Tipps, wie sich die Selbstfürsorge am Arbeitsplatz fördern lässt: 

Zunächst einmal sollten die Mitarbeiter für dieses Thema sensibilisiert werden. Das heißt, Arbeitgeber sollten über Mental Health informieren und den Mitarbeitern signalisieren, dass es in Ordnung ist, Unterstützung zu suchen, wenn die Belastung zu hoch ist und möglicherweise ein Burnout droht. Dafür ist es wichtig, eine Kultur des offenen Dialogs zu schaffen, in der die Mitarbeiter über ihre Sorgen und Herausforderungen sprechen können, ohne Angst vor Stigmatisierung oder negativen Konsequenzen haben zu müssen. Idealerweise bieten Unternehmen ihren Mitarbeitern sogar aktiv Möglichkeiten zur Stressbewältigung an. Das kann in Form von Vermittlung einzelner Entspannungsübungen geschehen oder durch betriebsinterne Seminare und Workshops zur Selbstfürsorge. Vorstellbar ist aber auch ein Zuschuss zu solchen Maßnahmen im außerbetrieblichen, privaten Bereich. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, den Mitarbeitern Zugang zu psychologischer Beratung und anderen professionellen Unterstützungsdiensten anzubieten. Ein weiterer Aspekt, den Arbeitgeber auch nach der 

Corona-Pandemie berücksichtigen sollten, ist die Flexibilität der Arbeitszeiten und damit verbunden für ihre Mitarbeiter unter anderem die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, um den Arbeitsdruck zu reduzieren und die eigene Work-Life-Balance zu verbessern.

Die Bedeutung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ist somit ein Thema, dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer idealerweise gleichermaßen widmen. Unterstützung, Materialien und hilfreiche Tipps gibt es unter anderem beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de). Neben dem Bericht „Physische und Psychische Gesundheit in deutschen Betrieben“ (https://tinyurl.com/gesundheit-betrieb) sind hier weitere Informationen zu finden, etwa der Link zum Angebot „Kein Stress mit dem Stress“: Das Projekt psyGA (Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt) stellt praxisnahes Wissen aus der Gesundheitsförderung verständlich aufbereitet zur Verfügung. In Kooperation mit weiteren Partnern (www.baua.de + www.bkk-dachverband.de + www.inqa.de) bietet das Portal www.psyga.info entsprechende Instrumente und Handlungshilfen direkt für die betriebliche Basis. 

Cover des Buches "Mental Health". Es ist eine Illustration eines Gehirns zu sehen, das Arme hat, an deren Hände Boxhandschuhe sind

Dass auch – und vor allem – Arbeitgeber die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter im Blick haben sollten, da sie schließlich die Leidtragenden von krankheitsbedingten Ausfällen sind, darauf weist beispielsweise ebenfalls Werner Katzengruber in seinem neuen Buch „Mental Health“ hin. Denn gerade in dieser von Krisen und (technologisch bedingten) Veränderungen gekennzeichneten Zeit benötigen Führungskräfte Ideen und Konzepte, um die mentale Stabilität und Widerstandsfähigkeit ihrer oftmals von Zukunftsängsten geplagten Mitarbeiter zu unterstützen. Der österreichische Sachbuchautor, Kommunikationsberater und Coach beschreibt anhand zahlreicher Fallbeispiele, welche toxischen Faktoren ein Unternehmen von innen heraus zerstören und wie die Rahmenbedingungen für eine resiliente Organisation gestaltet werden können. Es vermittelt wissenschaftlich fundiertes Wissen und bietet konkrete Handlungsempfehlungen aus mehreren Perspektiven. Psychologie und Neurobiologie stehen hier im Kontext mit Management und Leadership. 

„Mental Health – Die Schlüsselkompe tenz resilienter Organisationen“, Hardcover, 304 Seiten, Wiley-VCH, 

ISBN 978-3-527-51171-6, 

www.werner-katzengruber.com 
www.wiley-business.de

 

Das Fazit

Somit ist Mental Health im Job nicht nur ein Schlagwort, sondern ein wesentlicher Bestandteil einer gesunden und erfolgreichen Arbeitskultur. Wenn Unternehmer und Mitarbeiter gemeinsam darauf achten, die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhalten beziehungsweise zu fördern, können sie nicht nur das Wohlbefinden und die Zufriedenheit verbessern, sondern auch die Produktivität steigern. Denn ein gesundes Arbeitsumfeld wirkt sich positiv auf die Kommunikation, den offenen Austausch von Ideen und die Unterstützung bei persönlichen Herausforderungen aus.

Über den Autor/in

Miriam von Chamier

Miriam von Chamier

Miriam von Chamier lebt als freie Redakteurin in der Nähe von Köln. Einer der Schwerpunkte ihres Schreibens liegt im Bereich Marketing und B2B. Darüber hinaus ist sie immer auf der Suche nach aktuellen und interessanten Themen, die es lohnen, darüber zu berichten.