„Schall und Rauch“ – ganz wissenschaftlich betrachtet

DEVA im Porträt: Seit mittlerweile 135 Jahren gibt es die Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen e. V. (DEVA). Damit ist sie neben dem heutigen Deutschen Jagdverband die älteste von Jägern gegründete Organisation in Deutschland. Aber wofür ist die DEVA tatsächlich zuständig?
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Von Berlin nach Buke

Ein altes Schwarz-Weiß-Bild des Schießstandes am Wannsee
Der DEVA-Schießstand am Wannsee um 1930. @ DEVA

Alles begann Ende des 19. Jahrhunderts, als das bisher verwendete Schwarzpulver nach und nach durch rauchschwaches Treibladungspulver ersetzt wurde. Das bedeutete die Abwendung von verhältnismäßig großen Gewehrkalibern mit Bleigeschossen hin zu kleinkalibrigen, deutlich rasanteren, hartummantelten Projektilen. Zunächst erfolgte die Umstellung beim Militär, bald danach auch im jagdlichen Bereich. Das ging jedoch nicht ohne Schwierigkeiten vor sich, denn Waffen- und Munitionshersteller mussten sich erst auf das Verhalten der neuen Materialien einstellen: Die Waffen mussten höheren Belastungen standhalten; die Munition beherrschbar und möglichst in gleichmäßiger Qualität verfügbar sein. Weil damit vielerlei Probleme verbunden waren, wurde der Ruf nach einer unabhängigen Prüfanstalt laut, die eigenständig Versuche zur Weiterentwicklung der vorhandenen Materialien und Technik durchführen sollte und Zwischenfälle kompetent untersuchen konnte. Daraus gewonnene Erkenntnisse sollten den Waffen- und Munitionsherstellern helfen, die bestehenden Herausforderungen zu bewältigen. Also wurde 1888 in Berlin-Halensee eine Institution mit dem Namen „Deutsche Versuchs-Anstalt für Handfeuerwaffen“ ins Leben gerufen. Halensee blieb jedoch nicht sehr lange das Zuhause des Instituts, denn die Deutsche Reichsbahn wollte das Gelände nutzen. So zog 1928 die DEVA samt Schießständen und Prüfanstalt um nach Berlin Wannsee. Die hier erbauten Schießstände galten Ende der dreißiger Jahre als die größten und modernsten in Europa. Daher war es nicht verwunderlich, dass hier die Schießdisziplinen der Olympischen Spiele 1936 ausgetragen wurden. Natürlich beeinflusste der Krieg auch die Arbeit der DEVA, bis 1940 lief der Betrieb noch recht normal, danach wurde es schwierig. 1945 wurden die Gebäude durch Beschuss erheblich geschädigt und anschließend von russischen Truppen fast restlos zerstört. Mit der Aufteilung Berlins in die vier Sektoren gelangte das DEVA-Gelände in Besitz der US-Army. Kurze Zeit später behauptete die US-Army, die DEVA sei ein NS-Werkzeug und gehöre daher verboten. Die DEVA wurde 1950 geschlossen. Daher gründeten 1953 der DJV und verschiedene Firmen der Waffen- und Munitionsbranche das „Deutsche Institut für Jagdliches und Sportliches Schießen e. V.“ als Zweigstelle der DEVA, Sitz war in Bonn, einen Schießstand und ein Labor gab es zunächst nicht. Dies entstand 1955 in Düsseldorf-Gerresheim, angrenzend an das Gelände der DJV-Kreisgruppe Düsseldorf. Bereits 1969 hieß es aber schon wieder umziehen, denn die Bebauung der Gemeinde Gerresheim rückte immer näher an das DEVA-Gelände heran und es hagelte Beschwerden über die Lärmbelästigung. Also musste ein neuer Standort her – und der fand sich gemeinsam mit der Landesgruppe Westfalen des LJV NRW in der Nähe der kleinen Ortschaft Buke bei Paderborn. 1970 erfolgte die Umsiedlung. Zur gleichen Zeit wurden die „Deutsche Versuchs-Anstalt für Handfeuerwaffen“ und das „Deutsche Institut für Jagdliches und Sportliches Schießen e. V.“ zusammengeführt unter dem Namen „Deutsche Versuchs- und Prüf-Anstalt für Jagd- und Sportwaffen e. V. (DEVA)“.

Die alte Schießanlage Wannsee wurde nach der Wende von den Amerikanern an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben. Die Rückübereignung des Geländes an die DEVA erfolgte im Jahr 1995. Seitdem steht die Schießanlage wieder Sportschützen, Jägern und anderen Waffennutzern wie Wachschutz- und Sicherheitsunternehmen für individuelles Schießtraining zur Verfügung und wird fortlaufend ertüchtigt und optimiert.

Drei Geschäftsbereiche und GmbH

Der DEVA e. V. besteht aus drei Geschäftsbereichen: Der Schießanlage in Berlin mit einer Schießhalle für den Laufenden Keiler (50 m) und den Kipphasen (31 m) sowie weiteren 25-, 50-, 100- und 300-m-Schießständen. Insgesamt kann auf über 100 Schießbahnen trainiert werden. Als Zweites aus dem ballistischen Labor in Buke; hier werden Untersuchungen an und Versuche mit Waffen und Munition durchgeführt, zum Beispiel Gasdruck-, Schall- und Geschwindigkeitsmessungen. Auch technische Gutachten, zum Beispiel für Betreiber von Schießstätten, Behörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte werden hier erstellt. Weiter gibt es die DEVA-Akademie mit diversen Lehrgängen und Seminaren wie zum Beispiel Wiederladelehrgängen, Sachkundelehrgängen für Gehegebetreiber und Seminare für Schießstandaufsichten. Im Jahr 2022 nahmen über 350 Teilnehmer an den Lehrgängen teil. Ferner werden Fortbildungen und Vorträge zu unterschiedlichen Themen rund um das Thema Schießen angeboten, die in der DEVA-Hauptgeschäftsstelle Buke oder extern, zum Beispiel bei Kreisgruppen, Mitgliederversammlungen etc. stattfinden. Alljährlich sitzen Mitarbeiter der DEVA mit am Tisch, wenn bei der Landesregierung in Düsseldorf über die aktuellen Prüfungsfragen der Jägerprüfungen in NRW beraten wird.

Der vierte Bereich ist die DEVA Dienstleistungen GmbH, sie führt Beschusstests an verschiedensten Materialien im Auftrag der Industrie durch.

Das Kerngeschäft der DEVA ist laut Geschäftsführer Franz-Josef Zimmermann die Arbeit im ballistischen Labor zu wissenschaftlichen Zwecken. Aber auch allen Waffenbesitzern und -nutzern beratend zur Seite zu stehen nimmt einen wichtigen Teil der DEVA-Arbeit ein. Dieser Service steht allen offen, sowohl Privatpersonen wie Jägern und Sportschützen als auch gewerblichen Waffennutzern, Vereinen, Behörden, Herstellern usw. Mitglieder des DEVA e. V. erhalten bei fast allen angebotenen Leistungen des ballistischen Labors und auf der Schießanlage Wannsee Preisvorteile.

Neben dem fünfköpfigen ehrenamtlichen Präsidium des DEVA e. V. werden in den Standorten Buke und Berlin derzeit 13 Festangestellte beschäftigt, davon zwei Büchsenmacher und ein Ingenieur sowie Mitarbeiter für die Verwaltung und den Betrieb der Schießanlagen in Berlin. Geschäftsführer Franz-Josef Zimmermann leitet seit nunmehr fast einem Jahr die Geschicke der beiden DEVA-Standorte.

© DEVA

Leistungen und Aufgaben der DEVA laut Satzung

Ein Blick in die Räume der DEVA

Die Förderung von Wissenschaft und Forschung soll erreicht werden durch:

  • Prüfung und Begutachtung der Funktion und Leistung von Jagd- und Sportwaffen einschließlich ihrer Zielvorrichtungen und ihrer Munition; 
  • Materialprüfungen; 
  • Herbeiführung fester Prüfungsnormen; 
  • Untersuchungen, Begutachtung und statistische Erfassung der Ursachen von Gewehrbeschädigungen durch Schuss und der Ursachen von Schießunfällen; 
  • Untersuchung von Vorgängen der Innen- und Außenballistik der Schrot-, Büchsen- und Kurzwaffenmunition, insbesondere: Gasdruckmessungen, Geschossgeschwindigkeiten, Flugeigenschaften der Geschosse (Streuung), Wirkung der Geschosse; 
  • Prüfung und Begutachtung von Schießplatzeinrichtungen; 
  • Erstattung schießtechnischer Gutachten; 
  • Beratung in schießtechnischen Fragen; 
  • Verwertung gewonnener Erkenntnisse durch Mitarbeit an den Bestrebungen 
  1. zur Verbesserung der Gebrauchs- und Funktionssicherheit der Schießausrüstung, 
  2. zur Weiterentwicklung ihrer Leistung und Wirkung, 
  3. zur Fortsetzung der Normung der Lauf- und Patronenmaße, der Kalibersorten 
  4. und der Zielvorrichtungen; 
  • Veröffentlichung von aufklärenden Schriften und Arbeitsergebnissen; 
  • allgemeine Förderung des jagdlichen und sportlichen Schießens und des einheimischen Fachgewerbes, sachgemäße Koordinierung der Wünsche der Hersteller, des Handels und der Verbraucher; 
  • Entwicklung und Bearbeitung von Forschungsaufgaben, die im eigenen Institut oder in anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt werden; 
  • Unterhaltung einer Dokumentationsstelle, welche die fachlichen Forschungsergebnisse sowie das einschlägige Schrifttum des In- und Auslandes sammelt und auswertet; 
  • Pflege von Beziehungen zu in- und ausländischen einschlägigen Instituten;
  • Prüfung und Begutachtung der Funktion und Leistung jagdlicher Fanggeräte zur Gewährleistung tierschutzgerechter Fangfunktionen sowie Entwicklung geeigneter Prüfgeräte;
  • Betrieb eines vereinseigenen Schießstandes für das jagdliche und sportliche Schießen sowie für die Durchführung von Prüfungen und Erprobungen. 
  • Anforderungen der Behörden, die das jagdliche und sportliche Schießwesen betreffen, sollen im Rahmen der personellen und technischen Möglichkeiten durchgeführt werden. Hierzu gehören unter anderem: 
  • die Mitarbeit in den Beratungsgremien der zuständigen Behörden; 
  • die Abnahme von Prüfungen, die die Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen sind; 
  • Erstattung von Gutachten für Behörden bei der Anerkennung von Waffen- und Munitionssammlungen im Sinne des Waffengesetzes; 
  • Prüfung von Waffen und Munition gemäß den Vorschriften des WaffG. 

www.deva-institut.de

Über den Autor/in

Adina Riesenberg-Lietz

Adina Riesenberg-Lietz

Adina Riesenberg-Lietz lebt am südlichen Hang des Wiehengebirges. Dank einer handwerklichen Ausbildung als Fotografin hat die diplomierte Sportjournalistin fundiertes Know-how im Bereich Optik. Das Grüne Abitur 2006 lenkte das Interesse in die jagdliche Richtung.